Episode#06 | 22 Feb. bis 08.Mär‘17 | „Terra Australis“

Moin!

Ich weiß, die letzte Episode ist schon etwas her. Zum Ausgleich halte ich mich in diesem Beitrag extra kurz 😉

Mein australischer CamperVan ist ein nicht mehr ganz so frischer Toyota Tarago von 1998 (in Neuseeland und heißt das Modell „Estima“, in Europa „Previa“). Wenn beim Beschleunigen die Drehzahl gegen 2500 U/min geht, ist ein Pfeifen zu hören. Das hat mich natürlich etwas beunruhigt, darum hab ich nach Absprache mit Lucky Rentals (der Autovermietung) bei einem Toyota-Autohaus nachgefragt, was die Ursache des Pfeifens sein könnte. Der Toyota-Typ hat mit mir eine „Diagnosefahrt“ gemacht und wie haben das Geräusch beim Auspuff lokalisiert. Er meinte, dass wohl irgendwas (etwas verbogenes oder Dreck vom Kat) im Auspuff den Abgasstrom geringfügig umlenkt und dann das Pfeifen entsteht, weil bei Last (Beschleunigung) der Abgasdruck höher ist. An sich sei das aber kein ernstes Problem, sondern nur nervig wegen des Geräusches. In Melbourne war ich damit nochmal bei einer Werkstatt. Nach einer weiteren Diagnosefahrt und dem Überprüfen des Auspuffs (Auto auf Hebebühne) habe ich die selbe Antwort erhalten, der Auspuff, bzw. der Schalldämpfer (engl. Muffler), ist die Ursache, aber kein Problem. Also fahre ich mit dem Pfeifgeräusch erstmal weiter. Lucky Rentals hat mir offen gestellt, es reparieren zu lassen (Sie würden das natürlich bezahlen) oder weiter zu fahren. Der Chef der Werkstatt in Melbourne hat mir geraten, einfach weiter zu fahren und das Problem Lucky Rentals zu überlassen, sofern mich das Pfeifen nicht übermäßig stört. Das hat mich überrascht, denn schließlich ist ihm somit ein Auftrag entgangen. Zudem muss ich sagen, dass die Leute (sowohl der Toyota-Typ, als auch die Melbourne-Werkstatt) super hilfsbereit waren und für den Diagnose-Aufwand (Testfahrt, Hebebühne, Internetrecherche, usw.) keine Bezahlung verlangt haben, obwohl sich zum Teil zwei Leute für eine Stunde mit meinem „Fall“ beschäftigt haben. Ich habe auch den Eindruck, dass es allgemein keine so große „Konkurrenz-Mentalität“ gibt. Wenn ich bei uns in einen Laden gehe und nach Artikel „X“ frage, würde es wohl (bei nicht vorhanden sein) in den meisten heißen: „Haben wir nicht, müssen wir bestellen.“ Hier ist es so, dass sofort gesagt wird: „Haben wir nicht, aber Laden XYZ in der ABC-Street hat das bestimmt.“ Kann mir bei uns nicht vorstellen, dass ein (z.B.) Media-Markt-Mitarbeiter von sich aus sagt: „Haben wir nicht, aber (z.B.) Euronics sollte das haben.“ Insbesondere in den kleineren Orten scheint es firmenübergreifenden Zusammenhalt zu geben, wahrscheinlich weil sich die Leute alle kennen.

Die erste Woche in Australien habe ich in Sydney bei Michael Anson (Wechs-Family) verbracht, den ich in Puhoi (Neuseeland) kennengelernt hatte. Er hat mir sein Fahrrad zu Verfügung gestellt, um damit die Stadt zu erkunden. Da es mal wieder bewölkt war, sind die Fotos meiner Fahrradtour durch Sydneys Zentrum nicht ganz so toll, aber da Sydney ja sowohl Start als auch Ziel meiner Australien-Rundfahrt ist, habe ich im Mai vielleicht nochmal die Chance, bessere Bilder zu machen. Mit Michael habe ich an den Abenden diverse Lokalitäten in den Stadtteilen Marrickville und Newtown besucht. Unter anderem waren wir mehrmals (günstig) Essen im Pub „The Royal Exchange“ (wo es ein Rumpsteak + Beilagen für 10AU$ gibt) und haben im „The Valve – Bar & Venue“ einem Konzert von 5 lokalen Punkbands „gelauscht“. Es war auch sehr lustig, einfach nur mit Michael und seinem Mitbewohner Dan(iel) vor dem Fernseher zu sitzen und sich über das australische Trash-TV (Müll-Fernsehen) zu amüsieren, dass dem unserem in Nichts nachsteht. Natürlich haben wir auch australische Klassiker wie „Mad Max“ und „Red Dog“ auf DVD geschaut, damit ich lerne wie „‘stralia“ so tickt. Michael arbeitet als Motorrad-Kurier (mit einem Scooter/Roller). In seiner Garage stehen zwei zerlegte Motorräder, an denen er schraubt und eine fahrtüchtige Suzuki. Wir haben eine coole „Zweirad-Stadtrundfahrt“ gemacht, Michael auf der Suzuki und ich auf dem Scooter. Zudem hat er einen alten Van fürs Camping, meistens nutzt den aber sein Mitbewohner Dan, um damit zur Arbeit zu fahren. Mit Michael und Dan habe ich dann meine Reiseroute überarbeitet und von beiden noch einige Tipps bekommen.

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Am Dienstag (28.Feb) bin ich dann weitergefahren, entlang der Küste nach Süden bis Batemans Bay, dann nach Canberra im „Australian Capital Territory“ (ACT). Canberra ist Australiens „Kompromisshauptstadt“. Als sich die australischen Kolonien 1901 zum Staatenbund „Commonwealth of Australia“ zusammenschlossen, wollte weder Melbourne Sydney, noch Sydney Melbourne den Hauptstadt-Titel zugestehen. Also wurde Canberra als Planstadt aus dem Boden gestampft, ähnlich wie Washington D.C. (District of Columbia) in den USA. In Canberra habe ich das „National Museum of Australia“, den Mount Ainslie und das Regierungsgebäude „Parliament House“ besucht. Dann ging es über die „Wee Jasper Road“ über Turmut und Khancoban in den „Kosciuszko National Park“. Der Mount Kosciuszko ist mit 2228 Metern der höchste Berg Australiens. Die Berge ringsrum werden „Snowy Mountains“ genannt. Die „Snowy Mountains“ gehören zu den „Australischen Alpen“. Diese wiederum sind Teil der „Great Dividing Range“, dem Gebirgszug, welcher sich vom Norden Queenslands die Ostküste entlang bis nach Victoria und Tasmanien zieht, und die (grünen) Küstengebiete von den Wüsten des Innenlandes (Outback) trennt. Den „Dead Horse Gap“ passierend bin ich durch den National Park bis Jindabyne gefahren, dann nach Süden auf dem „Barry Way / Snowy River Road“ (C608) Richtung Buchan. Von den 170km dieser Straße sind nur die ersten 27km asphaltiert, der Rest ist Sand- Schotterpiste. Auf dem Weg überquert man die (grüne) Grenze zwischen den Bundesstaaten „New South Wales“ und „Victoria“.

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 Von Buchan ging es weiter bis Lakes Entrance. Wie der Name des Ortes verrät, befindet sich hier die Einfahrt (The Entrance) zu einer Reihe von Seen, die nur durch einen schmalen Streifen Land vom Meer getrennt sind. Sowohl nach Osten, als auch nach Westen folgt hier Strand auf Strand auf Strand. Hier habe ich Lisa und Stephi kennen gelernt, zwei Mädels aus Neumünster (Schleswig-Holstein) die schon seit 6 Monaten in Australien sind (Arbeiten, Au-Pair und Reisen). Sie hatten vor, am nächsten Tag (So, 5.Feb) zum „Wilson Promontory“ zu fahren, einem Naturschutzgebiet ganz im Süden des australischen Festlandes. Also sind wir die 330km bei ständigen Regenschauern dorthin gefahren. Mit befahren der Halbinsel verzogen sich die Wolken jedoch zum Glück und wir konnten die tolle Aussicht genießen. Wir haben dann noch zusammen in Dorf Fish Creek gecampt und sind am Montag (Di, 6.Feb) noch einige Kilometer zusammen Richtung Melbourne gefahren. In Korumburra trennten sich dann unsere Wege, da ich dort den Toyota-Service-Point aufgesucht habe, um das bereits beschriebene Pfeif-Geräusch meines Vans untersuchen zu lassen. In Melbourne (der Hauptstadt von Victoria) habe ich natürlich den Albert Park angesteuert, in dem sich die Formel-1-Rennstrecke des „Großen Preis von Australien“ befindet. Der Park ist im übrigen nach „Albert von Sachsen-Coburg und Gotha“ benannt, dem Prinzgemahl der damaligen Königin Victoria. Im Park waren Sie gerade dabei, die Rennstrecke, die ansonsten eine ganz normale Straße ist, für das F1-Rennen am 26.März vorzubereiten. Jedes Jahr wird „nur für Bernie“ in 6 Wochen der ganze „Formel-1-Zirkus“ (Tribünen, Sicherheitzäune, Fahrerlager, usw.) aufgebaut und in 3 Wochen nach dem Rennen wieder komplett demontiert. Danach wollte ich die Innenstadt erkunden, aber Parken in Melbourne ist wirklich eine Wissenschaft. Entweder sind die Parkplätze auf 1-2 Stunden zeitlich begrenzt, oder einfach unverschämt teuer (im Parkhaus 64 AU$ für einen Tag ???). Nach 2 Stunden Herumgefahre und Suche habe ich aufgegeben und bin zum Strand von Altona gefahren (benannt nach dem Hamburger Stadtteil Altona 😉 ). Übernachtet habe ich im Dorf Little River, wo damals Szenen für den ersten „Mad Max“-Film (mit Mel Gibson) gedreht wurden.

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Gestern (Mi, 08.Feb) war ich dann immerhin so schlau, meinen Van am Bahnhof von Tarneit (einem Vorort von Melbourne) stehen zu lassen und mit dem Zug in die Innenstadt zu fahren. Das war mit 14,60 AU$ (6 AU$ für die myki-Card und 8,60$ Guthaben für den Tag) die deutlich günstigere Variante gegenüber den Parkgebühren. In der Innenstadt gibt es zudem eine „Free Tram Zone“, in der man kostenlos die Straßenbahn nutzen kann. Besucht habe ich das „Immigration Museum“ (Geschichte der Einwanderung in Australien und Melbourne) und das „Skydeck 88“ im „Eureka Tower“, von dem man eine großartige Aussicht auf die Stadt hat. Ich bin dann noch eine Runde mit der alten „City Circle Tram“ (Linie 35) gefahren und am Hafen in der Nähe des „Emirates Stadium“ herumgelaufen, ehe es mit dem Zug zurück zum Van nach Tarneit ging.

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 Ich sitze nun, wie immer zum Schreiben, unterm „großen gelben M“ in Geelong. Als nächstes wird mich mein Weg über den „Great Ocean Road“ entlang der Küste führen.

Und was hat es jetzt mit dem Titel der Episode auf sich? „Australis“ ist Latein für „südlich“. Von der Antike übers Mittelalter bis ins 18.Jahrhundert waren sich die Gelehrten einig, dass es auf der Südhalbkugel einen unbekannten großen Kontinent geben muss, quasi als „Gegengewicht“ zu den Landmassen auf der Nordhalbkugel. Obwohl noch nicht entdeckt oder gesehen, wurde dieser Kontinent einfach schonmal „vorsorglich“ auf den frühen Weltkarten (z.B. von Mercator) eingezeichnet (inklusive fiktiver Gebirge, Flüsse und Tiere), als sogenanntes „Terra Australis Incognita“ (Unbekanntes südliches Land). Als der australische Kontinent dann umrundet wurde, entsprach er nicht ganz diesen Vorstellungen und Erwartungen der Gelehrten und Seefahrer vom sagenhaften Südkontinent (bzgl. Fabelwesen, Gold, usw. – was für eine Enttäuschung muss dann erst der „echte“ Südkontinent, die Antarktis, gewesen sein 😉 ). Der Name blieb dennoch an „Australien“ haften. Doppeldeutig ist der Titel ebenfalls, denn ich halte mich ja gerade im Süden des Landes auf, quasi im „Terra Australis“ von Australien 😉

Bis dann,

Marcus

Bisher in Australien zurückgelegte Strecke: ca. 1660 km

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